Sonja Fröse

Fachautorin für Pflege

Rampen: Ein schräger Mehrwert für Alle

Rampen: Ein schräger Mehrwert für Alle

Weshalb es noch keinen "Internationalen Rampentag", den Wettbewerb der schönsten Rampe Deutschlands" oder lokale Rampenquoten für Geschäfte und Restaurants gibt, ist mir unklar. Rampen sind für mich der Inbegriff von nachträglichen Veränderungen für barrierearmen oder gar barrierefreien Zugang. Dabei gibt es durchaus bessere oder beeindruckendere bauliche Maßnahmen wie Plattformlifter und Hublifte sowie schwellenfreie Aufzüge.

Gerne wüßte ich mehr über Rampen wissen und berichten können: Wo befindet sich die älteste Rampe der Welt? (vermutlich in Ägypten, weil die alten Ägypter beim Bau der Pyramiden welche benutzten, aber vielleicht gab es auch schon Höhlen mit Rampen - wer weiß?) Welche Stadt hat die meisten Rampen? Wie wird man zum/ zur Rampenexpert*in?

Dennoch ist eine Rampe, so einfach oder komplex sie ist nicht überall wo es Stufen und Treppen gibt vorhanden. Warum eigentlich nicht? Schließlich ist eine Rampe nicht nur für Rollstuhlfahrer*innen nutzbar, sondern von allen. Viele Menschen können von einer Rampenanlage profitieren, ohne dass man es ihnen ansieht. Zahlreiche Einschränkungen können mit Rampen ausgeglichen werden, die Sicherheit erhöht werden und dadurch Unfälle und Folgenschäden vermieden werden. Zuletzt sorgen Rampen häufig einfach für mehr Komfort und kommunizieren den Willen zur Inklusion.

In Deutschland wurden allein im Jahr 2020 in Kliniken 227.851 Hüftgelenkprothesen eingesetzt und 173.625 Kniegelenkprothesen (Quelle: www.destatis.deEinige der Menschen mit Gelenkersatz fühlen sich entweder unsicher beim Treppensteigen, leiden unter Schmerzen oder vermeiden es gar gänzlich. Auch wenn Treppensteigen (noch) möglich ist, würde wohl eine Rampe eher bevorzugt, falls vorhanden.

Bei Herz-Kreislauferkrankungen, Beinödemen, reduzierter allgemeiner Belastbarkeit und chronischen Lungenerkrankungen wie z. B. COPD, Mukoviszidose oder Asthma bronchiale fällt das Treppensteigen besonders schwer. Die körperliche Belastung beim Treppensteigen ist um ein vielfaches höher als die Nutzung einer barrierefreien Rampe (ist der Anstiegswinkel nur gering, sind die Rampen manchmal sehr lang um die vorhandene Steigung auszugleichen). Auf der Website des Napoleonturms Hohenrain können Interessierte physikalische Berechnungen zum Treppensteigen ausführen, um ein besseres Verständnis für Treppen zu bekommen.

Bei neurologischen Erkrankungen, Zustand nach Schlaganfall oder polyneuropatischen Wahrnehmungs- und Gefühlseinschränkungen in den Füßen und Beinen kommt es immer wieder zu Fehltritten und unzureichender Fußanhebung, das zu einem Sturz führen kann. Auch hier sind Rampen vorteilhaft, gerade bei einzelnen Stufen, die meist ohnen einen Handlauf verbaut wurden.

Menschen mit fortgeschrittener Demenz erkennen Stufen teilweise nicht oder körperliche Bewegungs- und Gleichgewichtseinschränkungen aufgrund der Demenz sind vorhanden und sorgen für eine Gangunsicherheit. Häufig spielen auch die Wirkungen und Nebenwirkungen von Medikamenten eine Rolle bei Gangveränderungen, die Treppensteigen mühevoll machen. Daher sollte auch bei der Begleitung dieser Menschen eine vorhandene Rampe bevorzugt werden. 

Aufgrund diverser Seheinschränkungen gestaltet sich Treppensteigen und auch die Überwindung einzelner Stufen wie Bordsteinkanten zu Balanceakten. Die Gestaltung mit Farbkontrasten wie es häufig für Treppenkanten innerhalb des öffentlichen Raums vorgeschrieben ist, soll für mehr Sicherheit sorgen. (Manchmal sind die Farben allerdings nicht mehr vorhanden oder aufgrund mangelhafter Lichtverhältnisse trotzdem nicht zu erkennen). Farbkontraste sind natürlich auch auf einer Rampe möglich und sinnvoll!

Rampe ist nicht gleich Rampe. Massiv gebaute Rampen mit einem durchgängigen Handlauf, einem rutschhemmenden Belag und einer regelmäßig erfolgten Wartung sind sozusagen das Nonplusultra unter den Rampen.

In den vergangenen Jahren sind durch soziales Engagement zahlreiche mobile Lego®-Rampen entstanden. Anleitungen für die Rampen sind im Internet erhältlich (hier eine Anleitung von vielen), sogar eine steine-sparende Bauanleitung oder in leichter Sprache und mit vielen Bildern. Auch Erklärvideos sind im Internet zu finden. In lokalen und überregionalen Sammelaktionen wird immer wieder zum Spenden der benötigten Steine und Grundplatten aufgerufen. Damit die Rampe auch wirklich tragfähig und massiv ist, werden die einzelnen Steine miteinander verklebt. Wer einen Laden hat und eine fertige Rampe haben möchte oder wenn Sie einen Laden kennen, der eine Lego®-Rampe haben sollte, können Sie sich beispielsweise an die Liebenau Stiftung wenden.

bunte Lego-Rampe vor einer Stufe

Foto: www.mittendran.de

Übrigens habe ich in diesem Pflegeblog-Artikel das Wort Rampe insgesamt 43mal benutzt ohne explizit Rollstuhlrampe zu meinen. Schließlich ist eine Rampe für alle Rollator-Nutzer*innen und Menschen mit Kinderwagen, Einkaufstrollys oder Koffern ebenso hilfreich. Mindestens die hundertfache Anzahl an Rampen würde ich mir wünschen, um noch mehr Stufen und Treppenanlagen mit einer Rampe versorgen zu können.

Senden Sie mir gerne eine Nachricht oder schreiben Sie einen Kommentar, wenn Sie nach dem Lesen dieses Blogartikels aktiv geworden sind und eine Rampe organisiert, finanziert oder gespendet haben. Vielleicht brauchen Sie nur in den Keller oder auf den Dachboden zu gehen und nach geeigneten bzw. bisher ungenutzten Materialien für eine Rampe zu suchen oder Sie sprechen beim nächsten Besuch eines Ladens mit Stufen über die Möglichkeit einer Rampe. Ich würde mich sehr freuen.

 

 

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